Appell
Zur Verteidigung des Val di Noto 
von ANDREA CAMILLERI

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Originaltext und Unterzeichnung unter:
http://www.repubblica.it/speciale/2007/appelli/val_di_noto/index.html


Wie würden die Mailänder reagieren, wenn man ihnen sagen würde; es gibt ein weit fortgeschrittenes Projekt der Erdölsuche genau vor dem Dom? Sie würden sicher die „cinque giornate*“ wiederholen. 
Und die Venezianer, wenn sie erfahren würden, dass man mit Bohrungen an San Marco beginnen möchte?
Und die Florentiner, würden sie das Bohren vor Santa Croce ertragen?
Was würden die jeweiligen Einwohner sagen, wenn man mit Baggerarbeiten für die Erdölsuche in Rom zwischen den Kaiserforen und dem Colosseum, auf der Piazza De Ferrari in Genua, auf den Hügeln von Turin oder auf Piazza delle Erbe, der Piazza Grande, am Ufer des Gardasees beginnen würde?
Würden sie sich nicht zutiefst verletzt und verunstaltet in ihrem Innersten fühlen?
Nun, auf Sizilien, genau in einem Gebiet, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt wurde, dem Val di Noto, wo das Schicksal und die Geschichte die unschätzbaren, unwiederbringlichen, immensen Meisterwerke des Spät-Barocks zusammengebracht haben, ist eine amerikanische Ölgesellschaft, die “Panther Eureka” vor einigen Jahren von dem Ex-Assessor für Industrie der Region Sizilien autorisiert worden, Bohrungen und geophysische Untersuchungen zur Erkundung unterirdischer fossiler Brennstoffe durchzuführen. Im positiven Fall (positiv für die “Panther Eureka”, natürlich) ist bereits die Konzession für die Ausbeutung der eventuellen Vorkommen vorgesehen.
In einfachen Worten bedeutet das auf einen Schlag die totale Zerstörung von Landschaft und Geschichte, Kultur und Identität, Schönheit und Harmonie, kurz das beste von uns, zu Gunsten einer schmutzigen Schieberei zur Bereicherung weniger, verkauft als notwendige und unabdingbare Aktion für alle.
Und außerdem wäre das der Todesstoß für den wieder aufblühenden Tourismus, für begonnene Projekte (wie z.B. den Flughafen Pio La Torre in Comiso) und Initiativen, die abhängig sind von der Tourismusindustrie, die auf Sizilien noch zu entwickeln ist.
Dann wurde der Arbeitsbeginn 2003 durch den Präsidenten Cuffaro auf Empfehlung des damaligen Assessors für Kulturgüter Fabio Granata, von der Alleanza nazionale, und in erster Reihe in dieser Schlacht, gestoppt.
Worauf ein ganz italienischer Tanz begann mit Berufungsverfahren vor dem unvergleichlichen Regional Verwaltungsgericht (T.A.R.), Ablehnungen, Annullierungen, Wiederaufnahmen, vorübergehenden Aussetzungen, geheime Wahlen, Formfehlern, und weiterem dieser Art (so auch unterirdischen politischen Schiebereien, die das Feld von den aktivsten Oppositionellen gereinigt haben).
Und leider weiß man bei dieser Art Tanz, wie sie traurigerweise bei uns ausgehen:
Mit dem Sieg des ökonomisch Stärkeren zum Schaden der Ehrlichen, derer die die Umwelt respektieren und jener die die Gesetzen akzeptieren. Und die Texaner scherzen nicht, wenn es um ihr Geld zur Durchsetzung ihrer Interesse geht. 
Wollen wir nicht einmal dieses vorhersehbare Resultat kippen und die Empörung siegen lassen, die Ablehnung, den Protest, den Horror (ja den Horror) von allen, unabhängig von den persönlichen politischen Ideen?
Für unsere eigene Würde als Italiener, setzen wir uns dafür ein, dass diese strittige Konzession unumkehrbar widerrufen wird und zwar so, dass es für immer unmöglich sein wird, weitere Initiativen zuzulassen, die in Zukunft in allen Teilen Italiens unsere kleinen und wunderschönen Paradiese zu vergewaltigen und zu zerstören. Unsere, und nicht veräußerbaren.

* A.d.Ü. cinque giornate: Fester Begriff für den erfolgreichen Aufstand der Mailänder im italienischen Unabhängigkeitskampf des Risorgimento, bei dem das österreichische Kaiserreich sich am 22.3.1848 zurückziehen musste.